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nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG

(Oberfinanzdirektion Niedersachsen,

S 7170 – 165 – St 182,

Verfügung vom 09.02.2017)

1. Allgemeines

Durch § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG werden Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze von der Umsatzsteuer befreit, die in Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung erbracht werden.

2. Subjektive Voraussetzungen/Sonderfälle

Unter die Steuerbefreiung fallen nur Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder die in § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa bis ii UStG genannten Einrichtungen. Um welche Einrichtungen es sich im Einzelnen handelt und welche Zulassungen oder Verträge nach den Sozialgesetzbüchern vorliegen müssen, wird in Abschnitt 4.14.5. UStAE ausgeführt.

Privatkliniken ohne Zulassung

Der BFH hat in zwei Urteilen entschieden, dass die ab 2009 geltende nationale Regelung des § 4 Nr. 14 Buchst. b Doppelbuchst. aa UStG wegen des enthaltenen sozialrechtlichen Bedarfsvorbehalts nicht den unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 132 Abs 1 Buchst. b MwStSystRL entspricht. Daher können sich Krankenhäuser, die nicht unter § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG fallen, für die Steuerfreiheit ihrer in § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG genannten Heil- und Krankenhausbehandlungsleistungen unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL berufen, wenn sie diese in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 SGB V zugelassen sind.

In sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot dieser Krankenhäuser den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten in erheblichem Umfang von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden. Von einer Kostenübernahme in erheblichem Umfang ist auszugehen, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen sind, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG genannten Personen zugutegekommen sind.

Organschaft

Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG sind die Umsätze eines Krankenhauses steuerfrei, wenn der Betreiber eine Zulassung nach § 108 SGB V besitzt (Plankrankenhaus). Die Umsätze einer mit einem Plankrankenhaus organschaftlich verbundenen, rechtlich selbständigen Einrichtung sind steuerpflichtig, wenn diese nicht selbst über eine entsprechende Zulassung verfügt. Das gilt auch, wenn die Einrichtung in den Räumlichkeiten des Plankrankenhauses tätig ist und nicht über eigene Personal- und Sachmittel verfügt.

Einrichtungen, die nichtärztliche Dialyseleistungen erbringen

Zum 1. Januar 2015 wurde die Steuerbefreiung auf Dialyseleistungen von Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 i. V. m. § 126 Abs. 3 SGB V über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen, ausgedehnt, s. § 4 Nr. 14 Satz 2 Doppelbuchst. hh UStG n. F. (Der bisherige Doppelbuchst. hh ist jetzt Doppelbuchst. ii.)

3. Umfang der Steuerbefreiung/Eng verbundene Umsätze

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG findet nur auf Tätigkeiten Anwendung, bei denen ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht, s. Abschnitt 4.14.1. UStAE und Umsatzsteuer-Kartei – OFD Niedersachsen – S 7170 Karte 1 zu § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b wird jeweils auf den Bereich der jeweiligen Zulassung, Vertrages bzw. Regelung nach dem Sozialgesetzbuch beschränkt, s. Abschnitt 4.14.5. Abs. 24, 25 UStAE.

Als eng mit Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen verbundene Umsätze sind Leistungen anzusehen, die für diese Einrichtung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen. Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Umsätze im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Umsätzen anderer Unternehmer stehen, s. Abschnitt 4.14.6. Abs. 1 UStAE.

Beispiele zur Abgrenzung sind in Abschnitt 4.14.6. Abs. 2 und 3 UStAE aufgeführt. Hierzu ergänze ich wie folgt:

Abschnitt 4.14.6. Abs. 2 Nr. 5 UStAE, Nutzungsüberlassung von medizinischen Großgeräten:

Als Großgeräte i. S. dieser Regelung gelten:

  • Linkskatheter-Messplätze (LHM),

  • Computer-Tomographie-Geräte (CT),

  • Magnet-Resonanz-(= Kernspintomographie-)Geräte (MR),

  • Positronen-Emissions-Tomographie-Geräte (PET),

  • Hochvolttherapie-Geräte: Linearbeschleuniger (LIN) und Telecobalt-Geräte (Co),

  • Geräte zur extrakorporalen Stoßwellen-Lithotripsie (LIT),

  • Nierenlithotripter (NIL) und Gallenlithotripter (GAL),

  • Diagnostische Bio-Magnetismus-Anlagen (BMA)

Abschnitt 4.14.6. Abs. 2 Nr. 9 und Abs. 3 Nr. 5 UStAE, Gutachten:

Hinweis auf USt-Kartei, OFD Niedersachsen, S 7170 Karte 2

Abschnitt 4.14.6. Abs. 3 Nr. 6 UStAE,

Plastisch-ästhetische Operationen:

Hinweis auf USt-Kartei, OFD Niedersachsen, S 7170 Karte 1

  • Folgende Leistungen können unter den o. a. Voraussetzungen auch als eng mit dem Betrieb eines Krankenhauses verbundene Umsätze angesehen werden:

  • Beherbergung und Verpflegung von Begleitpersonen von Patienten, aber nur, soweit dies medizinisch notwendig (und nicht nur zweckmäßig) ist. Zum Nachweis ist eine ärztliche Verordnung oder Bestätigung erforderlich;

  • Bereitstellung von Notärzten für den Rettungsdienst;

  • Personal- und Sachmittelgestellung an angestellte Chefärzte für das Betreiben einer eigenen Klinik/Praxis im Krankenhaus, vgl. BMF-Schreiben vom 15. Juni 2006, BStBl. 2006 I, S. 405;

  • Gestellung von medizinischem Hilfspersonal und Sachmitteln, z. B. OP-Saal, an niedergelassene Ärzte für ambulante Operationen ggf. mit kurzzeitiger operativer Nachsorge im überwachten Bett;

  • wahlärztliche Leistungen (z. B. Chefarztbehandlung).

Folgende Leistungen gehören nicht zu den eng mit dem Betrieb eines Krankenhauses verbundenen Umsätzen:

  • Umsätze aus Auftragsforschung;

  • Lieferungen von Waren (zusätzliche Getränke, Süßigkeiten, Zeitschriften) an Patienten, Heimbewohner, Personal oder Besucher;

  • Automatenumsätze, Umsätze aus dem Betrieb einer Cafeteria oder eines Kiosks;

  • Beherbergung und Verpflegung von Personal, Besuchern und Gästen;

  • Überlassung von Büchern, Rundfunk- und Fernsehgeräten sowie Fernsprechanlagen an Patienten, Heimbewohner, Personal oder Besucher zur Mitbenutzung;

  • Betrieb einer Kindertagesstätte (Betreuung der Kinder von Arbeitnehmern);

  • Personalgestellungen, wenn die o. a. genannten

  • Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht gegeben sind.

  • Krankenhausbehandlungen und ärztliche Leistungen im Zusammenhang mit der Entnahme von Nabelschnurblut bzw. die Lagerung von Stammzellen

  • Umsätze aus der Entnahme, Beförderung, Aufbereitung und Analyse von Nabelschnurblut bzw. die Lagerung von Stammzellen sind nicht steuerbefreit, wenn die ärztliche Heilbehandlung im Krankenhaus, mit der die Tätigkeit eventuell verbunden ist, weder stattgefunden, noch begonnen hat, noch geplant ist. Es handelt sich in diesen Fällen weder um eine Heilbehandlungsmaßnahme noch um einen mit Krankenhausbehandlungen eng verbundenen Umsatz. Eine Analyse von Nabelschnurblut, die dazu dient, eine ärztliche Diagnose zu stellen, kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei sein (vgl. EuGH-Urteile vom 10. Juni 2010 – C-262/08 und C-86/09 -).