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Job-sharing: Neue Definition der Leistungsbegrenzung

Job-sharing: Neue Definition der Leistungsbegrenzung

Das Job-sharing-Verhältnis wurde in der Vergangenheit vor allem als vertragsarztrechtliche Konstruktion zur Sicherung der Praxisnachfolge mit dem erwünschten Nachfolger gewählt. Mit der Begründung eines solchen Job-sharing-Verhältnisses geht immer ein Begrenzung der Obergrenze für die Abrechnung einher. Bisher wurde als Obergrenze für die Abrechnung auf die durchschnittlichen Zahlen der letzten vier Quartale zzgl. 3% abgestellt.

Mit Beschluss vom 16. Juni 2016 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Bedarfsplanungsrichtlinie dergestalt geändert, dass als Obergrenze für die Abrechnung auf den Fachgruppendurchschnitt jeweils zzgl. 25 % abzustellen ist. Damit dürfte in vielen Fällen das Job-sharing wieder ein attraktiveres Modell darstellen.

Bereits mit dem Versorgungsstärkungsgesetz waren Modifizierungen bezüglich bestehender Job-sharing-Verhältnisse einhergegangen. Bis dato konnte ein Arzt ein Jobsharing-Verhältnis nach § 101 SGB V nur dann eingehen, wenn er sich verpflichtete, den Umsatz dadurch nur gering zu erhöhen (maximal 103 Prozent). Diese Vorgabe wurde dahingehend geändert, dass wenn „der bisherige Praxisumfang unterdurchschnittlich ist“, ein Arzt dann gemeinsam mit einem Praxispartner seinen Umsatz zumindest auf den Durchschnitt seiner Facharztgruppe steigern kann.

Hälftige Teilzulassungen als Hausarzt und als Facharzt

Hälftige Teilzulassungen als Hausarzt und als Facharzt

SG Dortmund, Urteil v. 24.09.2014 – S 16 KA 315/11 (Quelle: RID 15-02-54)

Ein Arzt kann zwei hälftige Teilzulassungen erhalten. Er kann mit jeweils hälftigem Versorgungsauftrag als Hausarzt (Facharzt für Allgemeinmedizin) und als Chirurg/Facharzt zugelassen sein.

Der Kl. ist seit 1999 Facharzt für Chirurgie und seit 2001 auch Facharzt für Allgemeinmedizin und hat die Zusatzbezeichnung Chirotherapie. Seit Juli 2001 nimmt er in einer hausärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft als Allgemeinmediziner an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Der Bekl. bzw. die Beigel. zu 7) hatten ihn wegen der schlechten chirurgischen Versorgung vor Ort gemäß § 73 (1a) 3 SGB V befristet berechtigt, spezifische fachärztliche Leistungen (insbesondere teilradiologische Leistungen und ambulante Operationen) zu erbringen.

Sein Antrag, ihn als Facharzt für Chirurgie – unter Reduzierung des hausärztlichen Versorgungsauftrags auf die Hälfte – im Wege einer Sonderbedarfsfeststellung gemäß § 26 i.V.m. § 24a BedarfsplRL zur fachärztlichen Versorgung mit hälftigem Versorgungsauftrag nach § 19a II Ärzte-ZV zuzulassen, blieb erfolglos. Das SG verurteilte den Bekl. zur Neubescheidung.

 

Quelle: RID 15-02-54

Pflegeleistungen sind unter bestimmten Bedingungen steuerfrei

Pflegeleistungen sind unter bestimmten Bedingungen steuerfrei

Pflegeleistungen sind unter Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerfrei, wenn die Pflegekraft die Möglichkeit hat, Verträge nach § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XI mit Pflegekassen abzuschließen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.8.2015, V R 13/14

Die Steuerfreiheit ergibt sich aus Art. 132 Abs. 1 g MwStSystRL. Danach sind insbesondere Pflegeleistungen durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen umsatzsteuerfrei. Die nationale deutsche Regelung findet sich in § 4 Nr. 16 UStG wieder.

Bei der Auslegung der nationalen Vorschrift sind spezifische Regelungen, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handelt, zu beachten, die mit den Tätigkeiten des Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse oder Tatsachen, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen und die Übernahme der Kosten der Leistungen durch Krankenkassen oder durch andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit in Verbindung stehen.

Die Anerkennung ergibt sich beispielsweise aus einem Vertragsabschluss mit einer Pflegekasse nach § 77 Abs. 1 Satz1 SGB XI. Hierfür reicht es aus, dass die Pflegekraft als geeignet i.S.v. § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XI anzusehen ist. Hier kommt es noch nicht einmal auf einen Berufsabschluss in einem Pflegeberuf an, denn als ausreichend werden „Nachweise über Fortbildungen“ angesehen.

Der BFH sieht es als ausreichend an, dass eine Pflegekraft Mitglied in einem „anerkannten“ Verein zur Erbringung von Pflegeleistungen ist, dessen Kosten weitgehend von den Pflegekassen getragen werden, sodass eine über den Verein durchgeleitete Kostentragung vorliegt (in Abgrenzung zu BFH-Urteil vom 08.11.2007, V R 2/06, BFH/NV 2008, S. 510)

KV Berlin verbietet erfolgreich Praxisumzug

KV Berlin verbietet erfolgreich Praxisumzug

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin ließ keinen Zweifel daran, dass sie es ernst meint mit ihrem Anliegen, Praxisumzüge der Berliner Ärzte künftig restriktiv zu handhaben: Nachdem das Sozialgericht Berlin dem Anliegen der KV, den Umzug einer Psychotherapeutin zu unterbinden, eine Absage erteilte, zog die KV in die Sprungrevision vor das Bundessozialgericht (BSG). Sie kann jetzt einen Erfolg feiern, der vielen niedergelassenen Ärzten Sorge bereiten wird.

Am Mittwoch nämlich urteilte der 6. Senat des Kasseler Bundesgerichts, dass die KV rechtens gehandelt habe (AZ B 6 KA 31/15 R). Und widersprach damit dem Urteil der Vorinstanz.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin ließ keinen Zweifel daran, dass sie es ernst meint mit ihrem Anliegen, Praxisumzüge der Berliner Ärzte künftig restriktiv zu handhaben: Nachdem das Sozialgericht Berlin dem Anliegen der KV, den Umzug einer Psychotherapeutin zu unterbinden, eine Absage erteilte, zog die KV in die Sprungrevision vor das Bundessozialgericht (BSG).

Sie kann jetzt einen Erfolg feiern, der vielen niedergelassenen Ärzten Sorge bereiten wird. Am Mittwoch nämlich urteilte der 6. Senat des Kasseler Bundesgerichts, dass die KV rechtens gehandelt habe (AZ B 6 KA 31/15 R). Und widersprach damit dem Urteil der Vorinstanz.

„Ärzte oder Psychotherapeuten dürfen ihren Praxissitz nur verlegen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen.“ So leitete das Gericht in einer Mitteilung die Zusammenfassung des Urteils ein, und machte damit deutlich, dass die Entscheidung weit über den Fall, der gestern verhandelt wurde, hinausreicht. Konkret ging es um das Anliegen einer Psychotherapeutin, die ihren Praxissitz um etwa fünf Kilometer verlegen wollte, vom Bezirk Neukölln mit einem psychotherapeutischen Versorgungsgrad von 88 Prozent nach Tempelhof-Schöneberg, wo es eine Quote von 344 Prozent gibt. Beide Bezirke liegen im gleichen Planungsbereich, nämlich Gesamt-Berlin.

Zum April 2013 hatte die Therapeutin die Praxis als Nachfolgezulassung übernommen, ein halbes Jahr später beantragte sie die Verlegung. Der Zulassungsausschuss lehnte das Ansinnen ab, mit Verweis auf den höheren Versorgungsgrad in Tempelhof-Schöneberg. Grundlage dafür ist der Letter of Intent (LOI), der 2013 zwischen der Senatsverwaltung für Gesundheit, der KV und den Kassen getroffen wurde. Der LOI besagt im Grundsatz, dass Umzüge nur noch stattfinden dürfen, wenn sie in einen in der Fachgruppe schlechter versorgten Bezirk erfolgen.

Vor dem Berufungsausschuss der KV ging die Therapeutin dann allerdings erfolgreich gegen die Entscheidung vor. In seiner Entscheidung verwies der Ausschuss darauf, dass die Praxis nicht weit weg von ihrem alten Standort ziehe, die alten Patienten mit öffentlichen Verkehrsmitteln also problemlos auch dort hinkämen. Dagegen wiederum klagte dann die KV vor dem Sozialgericht, das zwar eine mangelhafte Qualität der Internetrecherche des Berufungsausschuss anmerkte, grundsätzlich aber darin übereinstimmte, dass die Entfernung von alter zu neuer Praxis keine relevante Einschränkung bedeute. Die Klage der KV wurde also abgewiesen.

Kritik am Vorgehen der KV Berlin

Das BSG hat dem in seinem Urteil nun widersprochen, der Berufungsausschuss muss deswegen erneut entscheiden. So gebe es zwar einen Beurteilungsspielraum, den habe der Berufungsausschuss allerdings „überschritten“, wie das Gericht mitteilte. „Er hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers verhindert werden soll, dass sich die Versorgung in Teilen von eigentlich gut versorgten großen Planungsbereichen durch Praxisverlegungen verschlechtert“. Einer Verlegung des Praxissitzes vom schlechter zum besser versorgten Bezirk stünden „in aller Regel Versorgungsgesichtspunkte entgegen“.

Das Urteil hat grundsätzlich Signalwirkung für das gesamte Bundesgebiet, allerdings nur dort, wo es überhaupt unterhalb eines Planungsbereichs schon lokale Berechnungen der Versorgungsgrade pro Fachgruppe gibt. Diese Möglichkeit wurde den KVen durch das Versorgungsstrukturgesetz gegeben, Berlin sieht sich hier mit dem LOI als Vorreiter. Für die KV Berlin ist der Sieg vor dem BSG einer, mit dem sie gegenüber den KV-Ärzten in der Hauptstadt deutlich macht, dass sie den LOI streng exekutieren will. Bei einer Pressekonferenz im Juli zum LOI betonte KV-Vizevorstand Dr. Uwe Kraffel, dass man bereits einen Prozess vor dem Sozialgericht gegen einen KV-Arzt gewonnen habe – allerdings gibt die KV auf änd-Nachfrage bis heute keine Auskunft darüber, um welches Urteil es sich dabei handeln soll.

„Die KV geht mit einer immer härteren Gangart gegen die eigenen Kollegen vor“, beklagt jetzt auch der Vorsitzende des Berlin-Brandenburger NAV-Virchowbunds, Dipl.-Med. Mathias Coordt. Der Berufungsausschuss habe „ja eine durchaus vernünftige Entscheidung getroffen und begründet, die KV jedoch hat zum wiederholten Male gegen die Interessen der Vertragsärzte aus anderen Überlegungen dagegen geklagt.“ Es zeige sich erneut eine grundsätzliche Problematik des LOI, sagt er. „Dass die Bezirke keine geeignete Abgrenzung sind für die Beurteilung der Versorgungslage.“ So mag die Versorgung in Neukölln und Tempelhof-Schöneberg, beide von der Größe einer mittleren Großstadt, sehr unterschiedlich sein, „das spiegelt aber nicht die Lage in den einzelnen Stadtteilen wieder, die ja direkt nebeneinander liegen können und verkehrstechnisch gut verbunden sind“.

Tatsächlich scheint das BSG das in seinem Urteil auch berücksichtigt zu haben. Es könne „nicht ganz ausgeschlossen werden“, heißt es in der Mitteilung, „dass sich die Versorgungslage mit Blick auf die konkreten Praxisstandorte anders darstellt, als das nach den allgemeinen Versorgungsgraden in den Bezirken anzunehmen ist“. Es sei nun Aufgabe des Berufungsausschusses, dazu „nähere Feststellungen zu treffen“. NAV-Chef Coordt sieht in dem Urteil deswegen auch keinen generellen Freifahrtschein für die KV Berlin. „Grundsätzlich hat das Gericht aus meiner Sicht erst einmal nur gesagt, dass der Berufungsausschuss sich zu viel Ermessensspielraum zugestanden hat.“ Es sei nun Aufgabe der KV, „eine Bedarfsplanung auf den Weg zu bringen, die die tatsächliche Versorgungssituation, den Versorgungsbedarf, die tatsächliche Inanspruchnahme und die zukünftige soziodemografische Entwicklung der Berliner Bevölkerung abbildet“.

Die KV Berlin hat sich am Donnerstag gegenüber dem änd geäußert: „Das Urteil des BSG ist ein voller Erfolg für die KV Berlin und bestärkt unsere Haltung zu Praxissitzverlegungen”, erklärte die KV auf Anfrage. „Dies ist ein weiterer Schritt zu einer gerechteren Ärzteverteilung in Berlin.”

Quelle: www.facharzt.de/a/a 170466/

OLG Naumburg erlaubt Rezeptübermittlung

OLG Naumburg erlaubt Rezeptübermittlung

Nach § 31 Abs. 2 der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ärzte) ist es dem Arzt nicht erlaubt, Patienten ohne hinreichenden Grund bestimmte Ärzte, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter von gesundheitlicher Leistungen zu empfehlen oder an diese zu verweisen.

Daher mahnte die Wettbewerbszentrale einen Allgemeinmediziner, der Patienten das Angebot unterbreitete, auf deren Wunsch und mit Einverständniserklärung die Rezepte direkt digital an Apotheken zu übermitteln, ab.

Die daraufhin erhobene Unterlassungsklage wies das Landgericht Dessau-Roßlau mit Urteil vom 25.09.2015 (3 O 22/15) als unbegründet zurück. Auch die Berufung vor dem OLG Naumburg (9 U 85/15) hatte keinen Erfolg. Die Wettbewerbszentrale konnte danach konkrete Verstöße gegen die Berufsordnung nicht belegen.

Das Landgericht hat zu Recht auch in der konkreten Gestaltung der Einwilligungserklärung keinen solchen Verstoß gesehen.

Zum einen konnten die Patienten im Formular auch eine andere Apotheke eintragen. Zum anderen kam das Einwilligungsformular erst dann zum Tragen, wenn der Beklagte – nach seinem Vortrag – von dem Patienten konkret angesprochen worden ist und er über die Möglichkeit, das Rezept an eine Apotheke nach Wahl des Patienten weiterzuleiten, gesprochen hat.

Der Arzt beeinflusse damit weder die Entscheidungsfreiheit der Patienten noch erfolge eine generelle Weiterleitung der Rezepte. Ein unzulässiger Verweis nach § 31 Abs. 2 der MBO-Ärzte liegt dann nicht vor, wenn ein Patient gezielt um Auskunft bittet. In diesen Fällen darf der Arzt durchaus Anbieter benennen, da der Patient damit signalisiert, dass er seine Wahlfreiheit durch die Empfehlung des Arztes unterstützt wissen will. Die mit dem Behandlungsvertrag übernommene Fürsorgepflicht spreche dafür, dass der Arzt auf der Grundlage seiner Erfahrungen eine solche Empfehlung erteilen dürfe. Bittet der Patient um eine Empfehlung, sei es zudem seine eigene Entscheidung, ob er sich bei der Ausübung seiner Wahlfreiheit beeinflussen lässt. Dies entspreche dem Leitbild des bestimmten Patienten, so die Richter.